Stellungnahmen zum Wahlausgang aus der Partei
Inhalt
Auszüge aus Kommentierungen
Sevim Dagdelen (junge Welt)
Aus der Traum von R2G: »Es ist brutal und bitter, zeichnete sich aber ab«
Die Linke hat Stimmenanteil bei Bundestagswahl fast halbiert. Genaue Analyse der Ursachen ist notwendig. Ein Gespräch mit Sevim Dagdelen
Interview: Kristian Stemmler – junge Welt (30.9.2021)
[…] Es ist erschreckend, dass eine konsequente Friedenspolitik, mit der Die Linke in den Wahlkämpfen 2009 und 2013 und 2017 so erfolgreich war, jetzt offenbar als Belastung empfunden wird. Wer weiter darauf setzt, eigene zentrale Forderungen aufzuweichen, kann nicht glaubwürdig dafür werben, dass die Wähler ein Kreuz bei der Linken und nicht bei einer anderen Partei machen sollen.[…]
Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass Grüne und FDP als gemeinsamer Block auftreten werden. Gegen den sogenannten progressiven Neoliberalismus braucht es mehr denn je eine soziale Opposition, die Friedenspartei bleibt und wieder soziale Protest- und Kümmererpartei wird.
https://www.jungewelt.de/artikel/411420.aus-der-traum-von-r2g-es-ist-brutal-und-bitter-zeichnete-sich-aber-ab.html
marx21
DIE LINKE: Wie weiter nach dem Wahldebakel?
Plattform marx21
[…] Obwohl klar ist, dass weder SPD noch Grüne nach der Wahl einen wirklichen sozialen und ökologischen Politikwechsel umsetzen werden, hat DIE LINKE die Glaubwürdigkeit des vermeintlichen Linkskurses der beiden Partein im Wahlkampf kaum in Frage gestellt. Anstatt die neoliberale Politik von Scholz und seiner SPD in der Großen Koalition klar zu benennen und die Grünen für ihre unzulängliche Klimapolitik und ihre Offenheit für Militarismus wie etwa bei der Beschaffung von Kampfdrohnen anzugreifen, arbeitete sich DIE LINKE in erster Linie an Laschet und Lindner ab […]
Aus dem Reformer-Lager der Partei wurden öffentlich etwa die außenpolitischen Positionen der LINKEN zur Disposition gestellt, um sich an SPD und Grüne anzubiedern. So zeigte sich die Co-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow offen für »friedenserhaltende« Bundeswehreinsätze.[…]
Die Welt wird nicht friedlicher – die Rüstungsausgaben sind 2020 auf Rekordniveau angestiegen.Auch werden die Auswirkungen der Klimakrise, die Frage von bezahlbarem Wohnraum und die Arbeitsbedingungen in der Pflege und anderswo Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzungen bleiben.
DIE LINKE ist in diesen Auseinandersetzungen als Sprachrohr, Ort des Austausches und Motor für Organisierung von Widerstand und Gegenmacht gefragt. DIE LINKE hat vor Ort einen breiten Fundus von Erfahrung, wie sich die Partei als Bewegungspartei aufbauen kann. Die guten Erfahrungen in vielen Kreisverbänden in den letzten Jahren sollten die Grundlage für eine »Neuausrichtung« der Partei sein.
https://www.marx21.de/die-linke-wie-weiter-nach-dem-wahldebakel/
Kommunistische Plattform
Erste Überlegungen zum Abschneiden der LINKEN bei den Bundestagswahlen
Erklärung des Bundesprecherrates der Kommunistischen Plattform
[…] Während landesweit Mitglieder unserer Partei in ungezählten Gesprächen an Wahlständen, Haustüren und andernorts dafür kämpften, dass Menschen DIE LINKE wählen, konnte man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass sich führende Genossinnen und Genossen der LINKEN im Wahlkampf primär darauf konzentrierten, SPD und Grünen nicht zu nahe zu treten. Letzteres prägte inhaltlich und in der Tonalität wesentlich den Wahlkampf unserer Partei.[…]
LINKEN-Protagonisten richteten buchstäblich alles darauf aus, den vermeintlich potenziellen Koalitionspartnern deutlich zu machen, dass wir selbst solche Kompromisse nicht scheuen würden, die den Kern unserer Identität zerfräßen und uns daher in Zukunft unsere Glaubwürdigkeit kosten würden. Bereitwillig wurde das Spiel von SPD und Grünen mitgespielt. Die sagten, sie würden mit niemandem koalieren, der den Austritt aus der NATO fordert.[…]
https://kpf.die-linke.de/erklaerungen/detail/erste-ueberlegungen-zum-abschneiden-der-linken-bei-den-bundestagswahlen/
Antikapitalistische Linke
Klassische bürgerliche Parteien im Niedergang – „Grüner“ Neubeginn verzögert – Selbstzerstörung einer linken Partei
Stellungnahme des Bundessprecher:innenrates der Antikapitalistischen Linken in der LINKEN zum Ausgang der Bundestagswahlen 2021.
[…] Die LINKE hatte mit ihrem Wahlprogramm durchaus eine breite politische Alternative zu den anderen Parteien formuliert. Wir von der AKL haben auch dieses Programm teilweise kritisiert, weil es zu wenig zuspitzte und zu wenig die „Systemfrage“ stellte. Aber wir haben es als ein linkes, antikapitalistisches Programm bewertet, das nur die LINKE und keine andere Partei sonst aufgreifen kann.
Die AKL hat mit ihrer solidarischen Kritik am Wahlprogramm zugleich davor gewarnt, dass die unbelehrbaren „Regierungssozialist:innen“ in der Partei und vor allem in Partei-, Fraktions- und Wahlkampfapparat davon abgehalten werden müssen, sich von diesem Programm im Laufe des Wahlkampfes immer mehr zu distanzieren und sich als leb- und inhaltloses Anhängsel der SPD und der GRÜNEN zu verkaufen.
https://www.antikapitalistische-linke.de/?p=4252
Online-Zeitung Scharf-links
DIE LINKE nach der Bundestagswahl: Wenn die Nacht am tiefsten ist …
Von Edith Bartelmus-Scholich
[…] Jahrelang haben die Verantwortlichen viele Streitfragen, viele Problemlagen nicht gelöst, sondern aufgeschoben oder sogar geleugnet. Sie haben den Streit über den Markenkern der Partei DIE LINKE, über die Zielgruppen, die sie ansprechen und erreichen kann, über die mangelnde politische Wirkmächtigkeit der Partei eher unterdrückt als befördert. Jetzt ist der Punkt gekommen, die Debatten zu führen und Lösungen zu erarbeiten.
Dabei geht es auch darum, wo die Grenzen eines Pluralismus innerhalb der LINKEN gezogen werden müssen. Was ist noch links und was schon lange nicht mehr?
http://scharf-links.de/89.0.html
Sozialistische Linke (1.10.)
Bundestags-Wahlergebnis ist historische Zäsur – jetzt umsteuern!
[…] Und statt ausgerechnet in der Friedenspolitik – einem Alleinstellungsmerkmal der LINKEN – weitreichende Kompromisse anzudeuten hätten wir von SPD und GRÜNE als Parteien, die den desaströsen Einsatz in Afghanistan begonnen und mitgetragen haben, offensiver einen Kurswechsel einfordern können und müssen. Von den auf https://nie-wieder-krieg.org/ formulierten Positionen und Argumenten war im Wahlkampf entgegen eines ausdrücklichen mit breiter Mehrheit beschlossenen Parteitagsauftrags wenig zu bemerken. […]
DIE LINKE muss dem Aufbau von Kompetenzen und der politischen Bildung mehr Gewicht geben. Leistung muss sich lohnen – auch bei uns. Wenn DIE LINKE in der aktuellen Situation einen „Brain Drain“ vermeiden will, muss sie alles daransetzen, dass jene „Kader“, die über langjährige politische Erfahrung und/oder Fachwissen verfügen, bei uns eine Perspektive sehen.
Allzu oft werden Stellen in unseren „Apparaten“ bei Partei, Stiftung und Fraktion nicht nach Leistung und Kompetenz, sondern nach Zugehörigkeit zu entsprechenden „Seilschaften“ besetzt. Eine Ausgrenzung von Anhänger:innen marxistisch orientierter Strömungen wie der Sozialistischen Linken oder auch der KPF und die weitere Vernachlässigung politischer Bildungsangebote für Menschen ohne Hochschulabschluss kann sich die Partei und darf sich die RLS nicht länger leisten. […]
DIE LINKE muss dem Aufbau von Kompetenzen und der politischen Bildung mehr Gewicht geben. Leistung muss sich lohnen – auch bei uns. Wenn DIE LINKE in der aktuellen Situation einen „Brain Drain“ vermeiden will, muss sie alles daransetzen, dass jene „Kader“, die über langjährige politische Erfahrung und/oder Fachwissen verfügen, bei uns eine Perspektive sehen.
Allzu oft werden Stellen in unseren „Apparaten“ bei Partei, Stiftung und Fraktion nicht nach Leistung und Kompetenz, sondern nach Zugehörigkeit zu entsprechenden „Seilschaften“ besetzt. Eine Ausgrenzung von Anhänger:innen marxistisch orientierter Strömungen wie der Sozialistischen Linken oder auch der KPF und die weitere Vernachlässigung politischer Bildungsangebote für Menschen ohne Hochschulabschluss kann sich die Partei und darf sich die RLS nicht länger leisten.
Ohne Frieden ist alles nichts
Ausgrenzung und diffamierende Angriffe haben sich in den letzten Jahren nicht nur gegen Sahra Wagenknecht gerichtet. Immer wieder gerieten auch Genoss:innen ins Visier, die in Fragen der Friedenspolitik konsequente Positionen vertreten, auf die Heuchelei des Westens in Fragen der Menschenrechte aufmerksam gemacht bzw. der öffentlichen Stimmungsmache gegen Länder wie Russland oder China etwas entgegengesetzt haben. Nicht alle müssen die Positionen von Alexander Neu, Andrej Hunko, Heike Hänsel, Diether Dehm u.a. teilen, aber es gehört zu einer solidarischen Parteikultur, sich sachlich mit ihren Argumenten auseinanderzusetzen und diffamierende Angriffe und Begriffe (Putinfreunde, Verschwörungstheoretiker, Antisemiten, Coronaleugner, Rassisten, AFD-nah u.ä.) zurückzuweisen.
Dass einzelne Genoss:innen im Wahlkampf Signale gesendet haben, dass wir unsere im Parteiprogramm verankerten Positionen auch über Bord werfen können, um mit SPD und GRÜNEN eine Regierung bilden zu können, hat vermutlich nicht nur einige Stammwähler:innen verprellt.
Gerade in der Außenpolitik muss DIE LINKE selbstbewusst und offensiv auch Positionen vertreten, die gegen den Strom sind, sie muss medialen Gegenwind aushalten, der gerade in Zeiten, in denen sich Konflikte kriegerisch zuspitzen (können) besonders heftig weht.
Allerdings müssen wir auch selbstkritisch sein: vieles was für Menschen, die politisch in den 60er, 70er, 80er Jahren und auch später sozialisiert worden sind, außenpolitisches Grundwissen war, ist der Generation der unter 40 jährigen nicht mehr bekannt. Wir haben seit der Parteigründung 2007 versäumt, hier systematisch Wissen zu vermitteln.
Fazit
[…] Eine klare Gegenposition muss DIE LINKE zur Politik der Konfrontation und Aufrüstung einnehmen, die die USA und die EU gegen Russland und China betreiben. Stattdessen muss sie entschieden für Frieden und Entspannung, Abrüstung und internationale Zusammenarbeit zur Bewältigung der globalen Probleme (Klimawandel und Zerstörung von natürlichen Lebensgrundlagen, Armut und Unterentwicklung, Kriege und Bürgerkriege, Vertreibung und Flucht) eintreten. Sie muss die Heuchelei und Doppelstandards der westlichen Politik angreifen, die von Menschenrechten redet, aber in Wirklichkeit wirtschaftliche und geopolitische Dominanzinteressen vertritt. Militärinterventionen müssen weiter konsequent abgelehnt werden. Es muss hier darum gehen, am Aufbau einer wieder starken Friedensbewegung mitzuwirken und politischen Druck für eine friedliche und solidarische Außenpolitik Deutschlands und der EU zu entwickeln. […]