Die Linke: eine Partei auf der Suche nach ihren Wählern
von Peter Nowak – Telepolis (28.9.2021)
Auszug:
Die Schimäre einer Regierungsbeteiligung
Nun wurde es Wilke und anderen Kritikern leicht gemacht, weil die Parteivorsitzenden der Linken auf die schlechter werdenden Umfrageergebnisse reagierten, in dem sie sich als Partner in einer Regierung mit SPD und Grünen anboten – eine auch aus taktischer Sicht fatale Entscheidung. Denn nun wurde Die Linke von der Öffentlichkeit nicht daran gemessen, ob sie womöglich als Interessenvertreterin für Mieter oder sozial Benachteiligte im Parlament taugt, sondern ob sie in der Lage ist, einen Nato-Staat zu regieren.
Damit wurden die Widersprüche der Linken in außenpolitischen Fragen erst wie in einen Brennglas an die Öffentlichkeit gezerrt. Erst da bekam die dreigeteilte Stimmabgabe der Linksfraktion zum Evakuierungseinsatz in Afghanistan eine solche Bedeutung. Ex-Parteichefin Katja Kipping sagte in einem Interview mit der taz, damit sei die Niederlage erst perfekt gewesen. […]
Eine Erklärung des Bundessprecherrats der Kommunistischen Plattform der Partei Die Linke sieht einen Zusammenhang zwischen der Niederlage und den Diskussionen über eine Regierungsbeteiligung. Das dürfte die Reformlinke Kipping ganz anders sehen, die im taz-Interview Positionsänderungen in der außenpolitischen Programmatik anmahnte.
Gleichzeitig hofft sie nebulös auf eine kollektive Weisheit, um einen neuen Aufbruch zu schaffen. Andere verwendeten dafür schon den Nonsensbegriff der Werbeindustrie, dass sich die Partei „neu erfinden“ müsse. Bei so vielen Floskeln muss die Ratlosigkeit groß sein. Hoffnungen für die Partei kann es nur geben, wenn eine soziale Bewegung sie für nützlich erachtet. Das war 2005 bei den sozialen Protesten gegen Hartz IV der Fall.
https://www.heise.de/tp/features/Die-Linke-eine-Partei-auf-der-Suche-nach-ihren-Waehlern-6203351.html