Kein Bündnis mit dem Hauptfeind
Redebeitrag mit fünf Thesen zur Konferenz „Was tun?! DIE LINKE in Zeiten des Krieges“
von Sevim Dagdelen – Nachdenkseiten (8.5.2023)
Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=97359
Auszüge:
Erstens:
Im Zuge des Krieges in der Ukraine hat sich die Tendenz beschleunigt, dass DIE LINKE von Führungspersönlichkeiten aus von einer Friedens- in eine Kriegspartei verwandelt werden soll. DIE LINKE vollzieht im Zeitraffer eine Entwicklung der SPD und der Grünen hin zu einer Akzeptanz und Einforderung einer militarisierten deutschen Außenpolitik. Wie bei den Grünen ist zu beobachten, dass man sich in der Tradition von Konvertiten des Krieges an die Spitze der Kriegsparteien in Deutschland zu setzen versucht. Stichworte: Wirtschaftskrieg gegen Russland, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, die Heiligung der NATO und zuletzt ein JA zu Auslandseinsätzen, zu robusten Kampfeinsätzen der Bundeswehr. […]
Zweitens:
[…] Mit diesem Ruf nach Waffenlieferungen gleicht die Linke sich an den Mainstream der Kriegsparteien im Land an. Sie ruft neben ihrer Forderung, den selbstzerstörerischen Wirtschaftskrieg gegen Russland zu intensivieren, Stichwort des Parteivorsitzenden: ‚Sanktionen besser durchsetzen‘, zu einer Beteiligung Deutschlands über die Waffenlieferungen am NATO-Stellvertreterkrieg unter US-Führung gegen Russland auf.
Um mit Karl Liebknecht zu sprechen. Diese LINKE sucht das Bündnis mit dem Hauptfeind, der im eigenen Land steht.
Drittens:
Bei ihrem Akkommodieren mit herrschenden Positionen ist diese LINKE bereit, ein Surplus zu liefern. Und der Überschrift in seinem FAZ-Interview „Putin hat vollzogen, was Hitler nicht geschafft hat“ redet Bodo Ramelow einem ehernen Geschichtsrevisionismus das Wort, gegen den selbst Ernst Nolte als Waisenknabe dasteht. […]
Diese Kriegslegitimation wurde selbstverständlich gierig aufgesogen. Sie taugt in ihrem pseudo-antifaschistischen Duktus natürlich auch hervorragend als Kriegslegitimation. Am Ende muss dieser Diskurs in der Vergöttlichung der deutschen Rüstungsindustrie münden, die die vielen schönen Waffen für den antifaschistischen Kampf herstellt. Dem Fall nach unten, was die Programmatik angeht, sind damit keine Grenzen mehr gesetzt.
Viertens:
Am Ende wirkt der Ukraine-Krieg nur wie der Brandbeschleuniger, was die friedenspolitischen Positionen angeht. Lange vorbereitet ist der Bruch – sowohl durch das permanente Drängen, die Verbrechen der USA und der NATO nicht zu deutlich zu kritisieren, aber auch durch das ständige Drängen als gouvernementalen Präventivschlag, die Kritik der Linken an der NATO abzuräumen.
Programmatisch vorbereitet auch durch eine Äquidistanz zu Russland und der NATO, um dann zu einer Position überzugehen, wo man die Kritik nur noch auf Russland kaprizierte, aber fortan vom Hauptfeind schwieg.[…]
Fünftens:
Eine Rückkehr zum friedenspolitischen Grundkonsens ist mit dieser LINKEN-Führung nicht zu machen. Die LINKEN-Führung steht eben auch nicht nur für das Stillhalten bei den Forderungen nach Waffenlieferungen, nein, viel schlimmer setzt sie auf einen Wirtschaftskrieg an der Seite des US-Imperialismus, der vor allem die eigene Bevölkerung trifft. Wer aber den sozialen Krieg gegen die eigene Bevölkerung mit einfordert, der macht sich natürlich auch völlig unglaubwürdig im Hinblick auf eigene soziale Forderungen und wird von der Bevölkerung zunehmend als Teil des Problems wahrgenommen. Es braucht aber eine glaubwürdige soziale und friedliche Kraft in diesem Land, die kein Bündnis mit dem Hauptfeind im eigenen Land eingeht. […]