Stellungnahme zum Interview von Falk Mikosch
in der Tageszeitung junge Welt vom 29. Juni
Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/453714.b%C3%BCndnispolitik-frieden-und-antifaschismus-sind-als-einheit-zu-denken.html
Abgedruckt in der Jungen Welt als Leserbrief am 7.7.2023
Der Sprecher des Landesverbandes NRW der VVN-BdA erteilte in der Jungen Welt am 29. Juni 2023 dem "Friedensbündnis NRW" eine Absage wegen angeblich fehlender Distanz zu Rechten. In dem Interview von Falk Mikosch werden Spaltungsversuche befeuert, die wir als antifaschistische Friedenskräfte zurückweisen. Wie Mikosch meinen einige sich links verstehende politische Akteure, gegen rechte Vereinnahmungsversuche in der Friedensbewegung angehen zu müssen, ohne die tatsächlichen Positionierungen der derart Stigmatisierten zu prüfen.
Es gilt aufzupassen, dass nicht - ohne es zu wollen - das Geschäft derjenigen betrieben wird, die in der „Zeitenwende“ der gigantischen Kriegsrüstung jede außenpolitische Vernunft in Grund und Boden stampfen, die jeden Protest klein halten und spalten wollen – damit Ruhe an der „Heimatfront“ herrscht.
Bei der Ablehnung und Abwehr der AfD darf nicht vergessen werden, dass die Politik der Bundesregierung und der CDU/CSU bereits viele Kriterien dieser rechten Formation erfüllt: Durch die Aufrüstung und Waffenexporte wird eine umfassende Militarisierung betrieben, Nationalismus und Rassismus gefördert. Auch die Repression nach Innen gegen Protest und Widerstand ist Beleg für die gefährliche Rechtsentwicklung im Land.
Wir treten für eine notwendige Verbreiterung der Friedensbewegung ein. Die Leitfigur der deutschen Friedensbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg, Pastor Martin Niemöller, rief in den 1970er-Jahren auf: "Bildet viele neue (Friedens-) Gruppen". In diesem Sinne freuen wir uns über den Zustrom von neuen aktiven Menschen und neuen Gruppen, vor allem, wenn sie unsere Forderungen: "Ausstieg aus der Kriegseskalation, Stoppt die Waffenlieferungen! Frieden schaffen ohne Waffen! Diplomatie jetzt!" vertreten. Menschen, die ehrlichen Herzens für Frieden eintreten, brauchen wir in der Friedensbewegung. Dies gilt ausdrücklich auch für Mitglieder und Wähler von SPD, Grünen, FDP und Union, die im Dissens zum Kriegskurs ihrer jeweiligen Partei stehen.
Das einigende Band der Friedensbewegung ist die Kritik an Militarismus und Krieg. Auf dieser Grundlage bietet sie Raum für Menschen in ihrer je eigenen bunten Vielfalt von Haltungen und/oder Überzeugungen, darunter etwa konservative oder kommunistische, christliche oder atheistische, anarchistische, bürgerlich-liberale, ökologische, pazifistische und viele andere mehr. Seit ihrer Herausbildung als „moderne“ Friedensbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird sie von den Kriegstreibern und Militaristen politisch verfolgt, diffamiert als Vaterlandsverräter, als ferngesteuert oder fünfte Kolonne des gerade aktuellen „Feindes“, als naiv, sich der Realität verweigernd, als politikunfähig. Die Diffamierung als „rechtsoffen“ (darunter auch „Querdenker“ oder „Antisemiten“) ist jüngeren Datums, aber sie erzielt durchaus Wirkung.
Mit ihr setzt sich ein viel beachtetes Thesenpapier unserer Initiative "Frieden-links" auseinander.
Selbstbewusste Linke sollten endlich damit aufhören, ständig aufzuzählen, wer alles nicht zu einer Antikriegskundgebung kommen darf, und in Verfassungsschutzmanier einen Gesinnungs-TÜV zu veranstalten.
Die Denunziation soll abschrecken. Angesichts der großen Gefahr einer weiteren Eskalation des Krieges, in den Deutschland mit der Lieferung immer schwererer Waffen immer tiefer verstrickt wird, muss diese im Kern rechte Staatsschutzlogik zurückgewiesen werden.
Wir werden uns auch in Zukunft gegen friedenspolitische Trittbrettfahrer und rechtsextreme Anbiederungen an die Friedensbewegung erfolgreich zur Wehr setzen wie bereits in den 2000er-Jahren gegen die NPD in Zeiten des Irak-Krieges oder aktuell gegen Leute wie den Ex-Linken Jürgen Elsässer mit seinem „Compact“-Magazin. Wer meint, eine Friedenskundgebung in eine rechte Versammlung umzumünzen, kann zu Hause bleiben.
Karin Kulow, Reiner Braun, Ekkehard Lentz, Karl-Heinz Peil, Willi van Ooyen, für die Initiative „Frieden-links“
Berlin/Bremen, 30. Juni 2023