Zur Situation der Partei Die Linke
Die Linke – Rübergemacht
von Roberto De Lapuente im Overton-Magazin anlässlich des angekündigten Wechsels an der Spitze der Partei Die Linke und der Situation vor den Landtagswahlen im Osten.
Quelle: https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/die-linke-ruebergemacht/
Auszüge:
Schon 2019 war die Partei in einem Abwärtstrend. Bereits damals spürte man, dass sie identitätspolitisch groß auffuhr und die alten Themen in den Hintergrund rückte. Fünf Jahre später ist die ostdeutsche Parteienlandschaft kaum noch zu erkennen. Die Linke spielt keine nennenswerte Rolle mehr. Zuvor wurde sie als Kümmererin wahrgenommen. Sie wusste, was die kleinen Leute antrieb, welche Sorgen sie plagten. Speziell wenn die aus Ostdeutschland kamen. Man kannte eben auch die Gesichter, kommunal- und landespolitisch engagierte Leute, denen man ein Stück weit vertraute und von denen man wusste, dass sie den Skandal der sozialen Schieflage wirklich ernstnahmen.
Wenn man von der inhaltlichen und personellen Veränderung der Partei spricht, sollte man im Blick haben, wer die Partei erbeutet hat: Urbane junge Leute, die glauben, dass Berlin das Spiegelbild der bundesrepublikanischen Wirklichkeit darstellt. Aber Berlin ist nicht Deutschland – eigentlich ist diese Stadt das krasse Gegenteil von diesem Land. Einzug fanden nun amerikanisierte Themenschwerpunkte, besser gesagt: Themenausschnitte, die gar nicht den Anspruch an sich stellen, die Gesellschaft unter realitätsbezogenen Eindrücken zu betrachten. Die Linke wurde sukzessive woke. Und letztlich: Westlich.
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8.000 neue Parteimitglieder hat Die Linke seit Wagenknechts Abgang laut Parteiaussage zu verzeichnen. Die meisten aus dem urbanen Milieu. Es ist nicht übermittelt worden, ob die Mehrzahl dieser neuen Mitglieder aus dem Westen oder Osten stammen. Überraschend wäre es aber nicht, wenn sie mehrheitlich aus Westdeutschland kämen. Denn die Partei bedient westliche Allüren – Ostdeutschland ist ihr mittlerweile zuwider. […]
Man kann den Bruch zwischen Linke und BSW nicht verstehen, wenn man die Bruchlinie zwischen den beiden Deutschländern nicht thematisiert. Innerhalb von Die Linke fand im Grunde ein Bevölkerungsaustausch statt. Man ersetzte eine ostdeutsche Massenbasis durch westdeutsche und städtische Splittergruppen – besser gesagt: Man adressierte Politik nun an die überschaubare Klientel und zog es vor, nicht für die Vielen zu politisieren. Da es aber im Westen genug kleine und kleinste Splitterparteien gibt, dockt Die Linke dort nicht gerade erfolgsversprechend an. Im Westen ist eben doch nicht alles Gold.