Rot-Rot-Grün – Bekenntnisse zur NATO und Auslandseinsätzen
von Alexander Neu – Die Freiheitsliebe (19.9.2021)
Auszüge:
LINKE Außen- und Sicherheitspolitik
Bislang haben wir immer unsere sehr fundierten friedenpolitischen Analysen und deren daraus resultierenden erforderlichen Handlungen deutlich formuliert. Dazu gehören: Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr, Stopp der Rüstungsexporte sowie Auflösung der NATO und Ersetzung durch ein System kollektiver Sicherheit. Die beiden ersten Forderung bilden meiner Auffassung nach die Voraussetzungen für eine Regierungsbeteiligung. […]
Es ist schon bezeichnend, wie stark die transatlantische Indoktrinierung der politischen Klasse und mancher JournalistInnen in Deutschland die Hirne derselben vernebelt hat. Statt saubere Analysen fordern SPD-Scholz und Grünen Baerbock/Habeck ein Bekenntnis von der LINKEN zur NATO (Code: „Bündnissolidarität“ wahlweise auch „Bündnisverpflichtung“) und Auslandseinsätzen der Bundeswehr (Code: „Verantwortungsübernahme“).[…]
Genozide, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen jenseits der westlichen Welt fallen nicht vom Himmel, sondern sind zumeist auch das Erbe westlicher Kolonialpolitik (Ruanda) und gegenwärtiger Imperialpolitik (ehemaliges Jugoslawien, Libyen, Syrien) einschließlich der Rüstungsexporte – am Besten noch an beide Konfliktseiten, damit es sich so richtig lohnt für die westlichen Waffenschmieden, siehe Griechenland und Türkei. Als faktischer Brandstifter sich dann auch noch als Feuerwehr zu präsentieren und mit Krokodilstränen in den Augen nach der Notwendigkeit des Eingreifens („Responsibility to protect“-Doktrin oder „unable/unwilling“ Doktrin[3]) der NATO oder EU zu schreien, übersteigt jegliches Maß an Verlogenheit. Aber genau diese Politik wird von fast allen Parteien im Bundestag verfolgt. Und DIE LINKE, die sich dagegen verwahrt und diese Kriegspolitik geißelt, soll nun ein Bekenntnis ausgerechnet zur NATO und zur transatlantischen Verbundenheit ablegen. Wie soll das aussehen? Etwa so, wie es die taz auf Facebook ironisch dargelegte:
„Ich glaube an die NATO, das Bündnis, das Allmächtig, den Schöpfer der KFOR und der ISAF. Und an das Nationbuilding, diese großartige Idee, einfach toll.
Ich glaube an den Nordatlantikpakt, gelitten unter dem Fall der Sowjetunion, wurde er schon fast begraben; hinabgestiegen in das Reich der Abrüstung, nach 9/11 auferstanden von den Toten.
Im Marschflugkörper aufgefahren in den Himmel; sie sitzt in Brüssel, im Herzen Europas; Im Tornado wird sie kommen, zu richten die Taliban und den Putin. Ich glaube an das Zweiprozentziel, den Demokraten Erdogan, der Gemeinschaft der Werte, Vergebung der Sünden, Auferstehung der roten Socken und die nukleare Auferstehung. Amen (von Herzen)[4]
Dass selbst die Hauspostille der Grünen, die taz, diese Bekenntnisforderung mit Spott und Hohn quittiert, sollte den NATO-religiösen Führungskadern der Grünen zu denken geben.
Aber genau hier liegt das Problem: Der Transatlantizismus, also die irrationale US-Hörigkeit, sowie der unerschütterliche Glaube an der „zivilisatorischen Überlegenheit“ des Westens unter Führung der USA – neuerdings auch ohne die USA als „Lehre“ aus dem Afghanistandesaster – gegenüber dem Rest der Welt löst nicht die Probleme, sondern stellt ein zentrales Stabilitäts- und Friedensproblem selbst dar. Unsere „zivilisatorische Überlegenheit“ räumt ganz im guten alten Kolonialstil uns natürlich auch das Recht ein, Regierungen uns nicht genehmer Staaten zu stürzen (Regime Change): Ganz nach dem Motto: Legal, illegal, scheißegal – wir tun, was uns unsere „zivilisatorische (also militärische und ökonomische) Überlegenheit“ tun lässt.[…]
Alexander Neu schreibt:
„Eine inhaltslose Regierungsbeteiligung in wesentlichen gesellschaftspolitischen Fragen einschließlich der Außen- und Sicherheitspolitik nach dem Motto, „Hauptsache, wir sind dabei,“ ist unpolitisch und wäre auch das Ende der LINKEN. Leider ist dieses Szenario nicht so unrealistisch, wie wir auf Landesebene beispielsweise in Brandenburg in der Vergangenheit beobachten konnten. Das Ziehen von Lehren aus Negativerfahrungen ist nicht unbedingt einer der größten Stärken, so mancher LINKEN.
Dass bedeutet für mich: Für eine LINKE Regierungsbeteiligung benötigen wir wesentlich mehr WählerInnenzuspruch als 6-8%, um auch wirklich einen signifikanten Beitrag zu einem echten linken Politikwechsel leisten zu können. Dass bedeutet für mich aber auch, dass DIE LINKE in ihren Kernthemen, der Frage der sozialen Gerechtigkeit, der klima- und umweltpolitischen Herausforderung und der friedenspolitischen Frage eine unverhandelbare Position einnehmen muss. Ansonsten findet man sich rasch in einer Regierungsverantwortung ohne Politikwechsel wieder und darf das Verwalten des neoliberalen Status Quo abnicken.“
In der letzten Ausgabe des SPIEGEL findet sich (Seite 22) folgende Notiz:
„Der frühere Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke) arbeitete derzeit mit anderen in der Partei an den Vorbereitungen der Linken für mögliche Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen nach der Bundestagswahl. Wie aus der Partei zu erfahren ist, sollen beim Abgleich der Wahlprogramme mögliche Kompromissoptionen und rote Linien in Dossiers zusammen getragen werden ….“
Zum Niedergang der Linken in Berlin bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus schrieb bereits 2011 (!) Ellen Brombacher einen ausführlichen Kommentar:
https://archiv2017.die-linke.de/partei/zusammenschluesse/kommunistische-plattform-der-partei-die-linke/dokumente/nachtrag-zu-den-berliner-wahlen/
Mein Kommentar: Die 5%-Hürde ist auch bei den Bundestagswahlen nicht mehr weit weg. Deshalb gilt: Der letzte (Klaus Lederer) macht das Licht aus.